Stillende Stille – Dasein im Dasein Gottes.
Aus der Schatzkammer christlicher Spiritualität.

SO – unverstellt – Christus – heilige Mitte- im Körper- sichtbar werden lassen. Weit und offen, segnend. Für mich bündelt sich in dieser Ikone Maria vom Zeichen das, was ich zu christlicher Spiritualität sagen will: Sichtbar sein – unser Licht leuchten lassen vor den Leuten – inne werden, ich trage die heilige Mitte inwendig in mir, ich bin von göttlicher Gegenwart durchdrungen. Aus ihr leben, das ist unsere tägliche Berufung. Also je neu mein Dasein in Gottes Dasein wahrnehmen und ein Ja dazu finden. Mit dieser Maria vom Zeichen will ich mich heute zusammen mit euch in die Weggemeinschaft so vieler Gottliebenden und Gottsuchenden vor uns hineinstellen, so vieler die in der jüdisch- christlichen Tradition unterwegs waren, in der Lichtspur des lebendigen Christus. Wir leben aus einer großen Fülle. Gott, Quelle des Lebens, wirkt in uns und lässt uns lebendig sein. So können wir geistlichen Reichtum in diese Welt unangestrengt einstreuen. Aus der übervollen Schatztruhe will ich eines besonders hervorheben, das mit meinem Leben jahrzehntelang verknüpft ist und das ich als Uranliegen von Kirche sehe: Meditation und Stille.

Stille als Freiraum für mein Leben, wie es gerade ist, mich je neu auszurichten auf Christus, seinen liebenden Blick auf mir spüren, mich einsammeln lassen an seinem Herzen. Stille als Freiraum für Herzenszwiesprache, für den Lebensstrom zwischen dem menschlichen und dem ewigen Atem, für Begegnung mit dem Urgrund allen Seins, für Begegnung mit mir und allem Lebendigen. In der Stille vor Gott kann ich ankommen, mich stillen lassen: „Meine Seele ist still und ruhig wie ein kleines Kind bei seiner Mutter… so ist meine Seele in mir“ Psalm 131,2) Stille ist auch Ermöglichungsraum: Durch „Stillesein und hoffen würdet ihr stark sein.“ (Jes 30,15). Stille als subversives Element in dieser Welt.

Mit verschiedenen Formen der Meditation lassen sich Stilleräume öffnen. Ich nehme das Wort Meditation hier als Oberbegriff für die Vielfalt des inneren Gebetes, auch für Kontemplation. Es geht mir jetzt nicht um Definitionen, sondern Beschreibung des Geschehens. Was geschieht denn da, wenn ich meditiere/kontempliere? In welchen Weisen kann das geschehen? Meditationsformen eröffnen weiten Raum, mich da sein zu lassen in dem, der immer schon da ist, mich lieben zu lassen und GOTT zu lieben, wobei Liebe weniger Gefühl ist als Urbestimmung unseres Seins: „Schma Israel. Höre Israel, der Ewige ist unser Gott, der „Ich bin da“ allein und du sollst den Ewigen, deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit all deiner Kraft.“ (5. Mose 6, 4.5) Gott will geliebt sein. Nicht nur uns lieben, sondern geliebt sein. Ganz. So mich der Lebensquelle überlassen. Die heilige Schrift ist dabei meine größte Lehrmeisterin für das Geschehen der Meditation. Hier lerne ich, dass es nicht in erster Linie um Methode, Technik geht, sondern um Hingabe, um fliessende Sehnsucht hin und her. Göttliche Sehnsucht und Menschliche umarmen sich. Verdichtet erzählt davon das Schir ja schirim, das Hohelied Salomos. Wegen diesem Lied sei die ganze Bibel überhaupt geschrieben, behauptet Rabbi Akiba (1.Jh). Diese kleine Schrift ist eine einzigartige Entfaltung, wie Gott den Menschen sucht und der Mensch Gott. Gott sehnt sich ja immer nach seinen Menschen. Schafft ihn zu seinem Ebenbild, ruft ihn: Mensch wo bist du? Ruft bei Namen. Ruft in sich hinein, in Beziehung, in Partnerschaft, beauftragt. Der Ewige hat „an allem genüge, nur an der Berührung der menschlichen Seele hat er nie genug“. (Mystikerin, Mechthild v. Magdeburg)). Am Dornbusch verdichtet sich Gottes Sehnsucht, gegenwärtig mitten unter uns zu sein. Er offenbart sich als geschehende Präsenz, „Ich werde da sein wie ich da sein werde, ich bin da…. Und der „ICH bin da“ ruft Mose mitten im Alltagsgeschäft und dieser spricht „Hier bin ich“. Das ist unser Urgebet. Was für ein Potential wir damit haben! Allein mit diesem Gebet! Wie wir damit und daraus jeden Tag leben könnten. Ich bin gerufen. Und was tue ich? Wie wörtert, verkörpert, gestaltet sich in mir meine Antwort? Mein „hier bin ich?“ Jede spirituelle Übung beginnt mit meinem Hiersein. Dass ich da bin, wo ich bin. Überlasse dich jetzt einen Moment diesem „Hier bin ich“.

Stell dich hinein die Gegenwart Gottes, die wir ja nicht herstellen, nur hineinstellen. So wie du jetzt bist. Lass dich stehen. Stehe zu dir. Spüre deine Füße. Ihre Berührung mit dem Grund, der dich trägt. Deine Knie sind durchlässig. Aus der Körpermitte heraus spüre Deine Aufrichtung, wie sich deine Wirbelsäule nach oben hin aufschwingt. Der Körper ist fliessend von unten nach oben hin entfaltet. So nimm deinen Atem in dir wahr. Und sprich Dein „Hier bin ich“, wie es sich gerade in dir spricht, laut oder leise. Du kannst es auch singen. Und eine Weile einfach still stehen in der göttlichen Gegenwart.


Das unmittelbare SEIN mit Gott

Ist jeder und jede gerufen? Bin ich jederzeit gerufen? Für wen gilt die göttliche Sehnsucht? Ja, wer hat wozu Zugang? Ich finde das eine der brennensten Fragen unserer Zeit. Sie wächst sich durch die Menschheitsgeschichte durch. Zugang zu Wasser und Brot, Bildung und zu GOTT? Der flämische Mystiker Ruysbroeck (1293-1381) sagt so schön: „Gott ist gemein“. Er macht sich gemein mit jedem Menschenkind. Unmittelbar. Gott ist zugänglich für jeden und jede. Unabhängig von meinen Gefühlen. Diese Unmittelbarkeit, diese demokratische Weise mit Gott zu sein, ist eine biblische Grunderfahrung, „Christus lebt in mir,“ wie es Paulus sagt (Galater 2,20) und das wird in der Mystik je neu aufgenommen. In jedem Menschen ist Gottes Lichtfunken (Johannes v. Kreuz), der göttliche Same (Meister Eckart); im Seelengrund lebt sich Begegnung mit dem göttlichen DU (Johannes Tauler), „Du Christus, bist die Sonne, die in meiner Seele glänzt“ (M. v. Magdeburg)). Doch gerne gehört wurde das in damaligen Zeiten nicht. Spiritualität in ihrer biblischen und mystischen Verankerung hat etwas Subversives. Gerade auch darin, dass sie zusammenbringt was zusammengehört: Gottlieben UND Menschenlieben, body and soul, Verbundensein mit mir und mit den andren lebendigen Geschöpfen, Vita activa und contemplativa als unauflösliches Paar, auch wenn die Bestrebungen nie aufhörten sie gegeneinander auszuspielen. Mein ganzes Leben ist ein Sakrament (das betonen vor allem die Quäker).

Meditation in ihrer vielfachen Weise nimmt eben diese „Gottgemeinheit“ auf und eröffnet Räume, mündig und unmittelbar mit Gott zu sein, mit der je eigenen Sehnsucht der Sehnsucht Gottes entgegenzulaufen. Meditation ist also ein sehr demokratisches Geschehen. Aber diese Mystik für alle ist auch Anspruch, es gilt damit, dass jeder und jede selbst hören muss. Das lässt sich nicht delegieren. Jeder und jede ist zum Erlauschen der Stimme Gottes befähigt und gerufen: davon kündet 5. Mose deutlich: „Das Wort, das ich Dir heute vorlege ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest, Wer will für uns in den Himmel fahren und es holen, dass wir`s hören und tun. Es ist auch nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest. Wer will für uns über das Meer fahren und es uns holen,… Denn es ist das WORT ganz nahe bei dir, in deinem Mund und in deinem Herzen, dass du es tust.“ (30,11-14.) Das ist stark. Jetzt in diesem Moment liegt die Göttliche Weisheit als ein tief inneliegender Schatz in uns, in jedem Menschen. Mit dem Wort hat der Ewige den Kosmos erschaffen und er hat es uns auf die Tafeln unseres Herzens geschrieben. Wie verbunden wir dadurch sind mit Erde und Himmel und allem Lebendigen Sein, alles ist geboren aus dem WORT Gottes. Am Anfang war das Wort… und alle Dinge sind durch dasselbe gemacht. (Joh 1). Und in Christus hat er sein „tiefstes und schönstes Wort Gestalt werden lassen. Und dieses Wort heisst, ich liebe dich, Du Welt, du Mensch“ (K. Rahner)

Zur Mystik des biblischen WORTES

In der Meditation können biblische Worte erlauscht werden und zu einem tiefem Innengeschehen werden. Im stillen Verweilen kann ich spüren, wie das Wort in mir atmet, meine Seele streicht, sich verwebt mit meinen Lebensfäden. Nicht ich begreife das Wort, sondern es ergreift mich. Das lebendige Wort der heiligen Schrift ist wie eine Brücke zum Herzen Gottes. Und „unser Gott kommt und schweigt nicht“ (Ps 50,3) und sein Wort ist „wie Regen und Schnee und feuchtet uns und kehrt nicht wieder leer zurück“ (Jes 55). Das alles können wir nicht machen und kontrollieren, es geschieht uns, wenn wir uns ihm überlassen. In der hebräischen Bibel steht dafür das Wort „haga“ (Ps 1, 19, 119 u.ö.). Und Haga wird in der Vulgata mit meditari übersetzt. Es ist das Tönen des Herzens vor dem Angesicht Gottes (Ps 19), das innere Tönen und Wiederholen eines Wortes. Meditation ist hier ursprünglich in der jüdischen Gebetseise verwurzelt. Hat hier seinen Wortursprung. Rabbi Zevi sagt dazu: „(inneres) Beten können, heisst stillstehen und auf einem Wort verharren. Sie pflegten viele Male dasselbe Wort zu wiederholen, da sie es so sehr liebten, dass sie sich nicht trennen konnten“. Welche Liebe da mitschwingt. Stell dir vor du kannst dich nicht mehr trennen von einem Wort aus der Bibel. Du bist verliebt verbunden damit. Mit ganzem Herzen dabei. Das ist die Grundhaltung, die in der jüdischen Mystik als kawana bezeichnet wird: die Herzensaufmerksamkeit hin zu Gott – mehr als jede Achtsamkeitsübung meint es eben liebende Beziehung mit dem Ewigen. Sie soll jede spirituelle Übung durchschwingen. Denn geistliche Übungen sind eben nicht Leistung, nicht Konzept, das erfolgreich aufgeht, sondern ein Akt der Hingabe mit meinem ganzen SEIN, ich als ganzer Mensch. Ps 63: „Mein ganzer Mensch verlangt und sehnt sich nach Dir.“ Fleisch und Seele.

Der Körper als erster Ort der Gotteserfahrung

Ich als beseelter Erdenkloß als lebendig lebendes Wesen. Ja, Immer bin ich Körper. Ohne ihn kann ich weder denken noch fühlen. Alles verkörpert sich sofort in uns. Alles was du jetzt liest, gibt direkt eine körperliche Resonanz. Halte einen Augenblick inne und schau welche Körperqualität in dir da ist.


Wir haben nicht einen Körper, sondern sind Körper. Der Körper ist biblisch der erste Ort der Gotteserfahrung. Es gibt so viele Glaubenszeugnisse, die in Körpererfahrungen beschreiben, wie sie Gott erleben: wie er Füße weit macht, Knöchel stärkt, an der Hand nimmt, Sinne öffnet, Nieren stechen lässt, sich schmecken lässt. Der Leib wird aufgefächert in seiner ganzen Spannbreite von „Wunderbar bin ich erschaffen“ (Ps 139), einer tiefen Schönheit und erotischen Kraft (Hohelied), bis hin zur Verletzlichkeit (2. Kor 4,7) und Sterblichkeit (Ps 91) „Das WORT ward Fleisch“. Was wäre, wenn wir die Inkarnation ernst nehmen würden und uns als verkörpertes Wort begreifen? Was von Gott verkörpere ich? Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist? Unabhängig von ästhetischen Normen oder Funktionstüchtigkeit! Wisst ihr nicht? Doch wissen schon aber wie das leben? Auch hier ist die meditative Werkstatt hilfreich mit der Körper-Atemwahrnehmung Wenn ich mich in der Stille niederlasse, spüre ich zunächst meinen Körper durch, von Fuß bis Kopf, nur wahrnehmen ohne eine Bewertung!. Und ich nehme meinen Atem wahr. Im stillen Verweilen vor Gott sind wir körperhaft verbunden mit seinem Atemstrom in uns. Dann gibt es das Beten mit Gebärden: Der Körper betet meine Seelenstimmung, das was sich in mir ausdrücken will und wofür ich vielleicht keine Worte habe. Frere Roger sagt einem jungen Menschen, der fragt wie er beten soll. Suchen sie keine Antwort, die ihr Menschsein überspringt. Ich meinerseits wüsste nicht wie ich beten sollte ohne Einbeziehung des Leibes. Ein Gebet auf dem bloßen Boden, niederknien, sich niederwerfen, …der Leib ist da, ganz gegenwärtig, um zu lauschen, zu begreifen. Wie lächerlich nicht mit ihm rechnen zu wollen“. Das lernen wir auch biblisch. In der Bibel gibt es Immer wieder kleine physiotherapeutische Anweisungen, wie körperliche Bewegungen zu geistlichem Geschehen werden: Erhebt eure Häupter und seht auf (Lk 21,28) seht den Himmel (Hiob 5,9; 37,14)

Folge in diesem Moment einmal dieser Bewegung, hebe Deinen Kopf und sieh … was tut sich da in dir? Was tut sich da im Brustraum, in den Schultern? Welche Stimmung löst diese Bewegung aus?

Körperliche Haltungen verkörpern und beeinflussen die innere Haltung. Eine weiter derartige Anweisung gibt es im Hohelied: Steh auf meine Freundin und geh, geh für dich (Hld 2). Ja, unser Leib hilft uns da zu sein wo wir sind. Gedanken und Gefühle fliegen hin und her. Mit dem Körper kommen wir in die Gegenwart, „weben und leben und sind wir in Gott“, in der Christuswirklichkeit, die alles von uns durchdringt.

Körperliche Zugänge sind im biblischen Zeugnis auch Tanz, Pilgern (Wallfahrtspsalmen), Achtsamkeitsübung in der Schöpfung als Anleitung zur Sinnesöffnung: „Steh still und staune (Hiob) „sieh die Vögel, die Lilien“ (Matthäus 6,28.29) u.ö. und der Gesang als tiefes Resonanzgeschehen im Körper. Viele uralte Formen, die wieder neu gehoben werden. Als geistliche Übungen sind sie zuallererst Ausdruck der Gottsuche und Gottliebe. Sie leben von der Wiederholung, vom Dranbleiben. Vom Vertrauen, dass heilige Geistkraft wirkt und ich keinen Erfolg garantieren kann. Diese Unverfügbarkeit ist auszuhalten, wie Gott in jedem, jeder auf seine Weise wirkt. Es gilt das Unverfügbare mit dem Unverfügbaren. Aber wie lässt es sich da überhaupt reden, von inneren Erfahrungen, von Gotterleben? Es ist ein immer neues Wagnis. Sölle schreibt: „Alle Mystiker haben unter dem Staub der Wörter zu leiden gehabt…. sie können nie exakt benennen was mit ihnen geschah… Dennoch kann sich niemand in der Unsagbarkeit häuslich einrichten. Die Arbeit am Unmöglichen ist nicht aufgebbar, die Seele kann nicht darauf verzichten zu sprechen. Nichts reizt die Sprechenden so wie die Unsagbarkeit.“ Die Mystikerinnen und Mystiker haben je neue Sprachbilder in die Welt geworfen. M. v. Magdeburg schreibt: „Zwischen dir und mir geht immerfort ein Atem, in dem ich unaussprechliche Dinge höre und sehe…. Du meine Augenweide, du meine höchste Sicherheit, du grundloser Brunnen…“ Sie schenkt Gott in der Tradition der Psalmen Namen. Es ist eine Variante des Herzensgebet, das den Namen Jesu betet. Hier liegt auch meine liebste Meditationsform als immerwährendes Gebet in mir. Im inneren Dialog, schenke ich Gott Namen, spreche ihn an als mein DU, Du mein… du mir… und nenne die Bilder die sich gerade im Innern auftun, wie ich Gott gerade für mich erlebe, wie sich aussen und innen verbinden in kontemplativer Schau. z.B. Du herbstlaubfärbende Liebe, du singende Umarmung, Du Bewegende Bewegung, Du mein Licht und mein Heil, Du. … So lasse ich es in mir beten mitten im Alltag oder im bewussten stillen Verweilen. Ich suche nicht angestrengt, sondern gebe dem, was da ist einen Ausdruck.

Was spricht sich in dir an Gottesname? Schliesse für einen Moment Deine Augen, lausche deinem Atem zu. Und höre in Dir, wie klingt es in dir: Du, mein…Lass das Bild, Wort das kommt, unzensiert zu. Wie sprichst du das Göttliche an -jetzt in diesem Augenblick? Schliesse deine Augen und lausche.

Du mein…. Du mir…


Ausbildung zur Anleitung in christlicher Meditation/Kontemplation

Es ist so wesentlich, hörfähig und sprachfähig zu werden in unserer Zeit. Eben unser Licht leuchten zu lassen. Die Stille ist dafür wie eine Geburtskammer. Und damit alle Zugang bekommen zu Meditation/Kontemplation hatten mein Mann und ich vor 20 Jahren die Idee einer Meditationsanleiterausbildung. Menschen, die in Kirche beheimatet sind und Menschen, die auf der Suche sind, die sich schon lange entfernt haben sollen vor Ort, im jeweiligen Alltagleben, Zugang haben zur Erfahrung von Meditation – in verschiedener Weise. Meditation sollte kein Luxus sein, den sich nur manche leisten können und es sollte vor allem auffindbar sein in Kirche. Anstoß war damals der spirituelle Hunger in unseren Dorfgemeinden. Und so viele haben sich seitdem ausbilden lassen, Ehrenamtliche und Hauptamtlich. Sie setzen das Gelernte/selbst Erfahrene um in ihrem jeweiligen Kontext. Die einen leiten zu Meditation an im Hospiz mit Sterbenden, im Krankenhaus, in Werkstätten für Menschen mit Behinderung, in Kirchen und Gemeinderäumen, in Schulen, auf den Marktplätzen der Stadt, auf dem Weg in der Schöpfung, in Gremien und in social medias. Für viele, die die Ausbildung durchlaufen haben, gab es Veränderungen in der Gesamtweise ihres Arbeitens. WIE sie predigen, WIE sie Konfiunterricht halten, WIE sie als Ärztin einen Menschen untersuchen, WIE sie Sterbende begleiten. Ein Beispiel einer Teilnehmerin, die seit 20 Jahren als Pfarrerin arbeitete: „Die Glaubensinhalte, die so müde und tot in mir lagen, sind durch die Körpergebet und Meditationen, durch das Tanzen und Singen, durch die Begegnungen mit den Kursteilnehmer:innen wieder auferstanden, haben wieder ihren Weg zum Leben und zu meinem Alltag gefunden. Jede Haltung, jedes Wort ist für mich ein Brennpunkt meines Glaubenslebens geworden. Ich spreche sie nicht nur im Kopf, sondern ich erfahre, spüre, erlebe, was ich spreche. Nun verbinden sich Körper und Worte in so wunderbarer Weise, dass ich mich ihrer Realität nicht mehr verschließen kann. … wie wunderbar, Verbunden leben mit mir und den Mitgeschöpfen.“ Die einjährige Ausbildung (30 Tage) ist ein spiritueller Lernweg mit und in der Gruppe (20 Teilnehmende). Sie nimmt die Vielfalt der Meditationsweisen auf, damit jede und jeder das einbringen kann was für ihn, für sie stimmig ist: Herzensgebet, Kontemplation, mit biblischen Worten meditieren, Beten mit Ikone, mit dem Klang, Lied, mit Tanz, mit Meditativem Wandern. In der Ausbildung wird durchgehend in Praxiseineiten das Anleiten geübt. „Was so was gibt es in Kirche?“ – Diesen Ausruf wünsche ich mir immer wieder zu hören. Ja, Meditation gilt leider immer noch nicht als selbstverständliches Anliegen unsrer Tradition oder wird verengt auf Klischees von „Om“. Was so was gibt es in Kirche? Ja hier ist es zu finden: Stillende Stille und Schöpfungsspiritualität und Körperspiritualität und Mystik des Wortes und Lebensbehütende Aktionen aus Stille heraus. Lasst eure Lichter leuchten. Es braucht dazu nur die Wertschätzung der eigenen Lebensgeschichte: Mich in meinem Körper als Ort der göttlichen Epiphanie begreifen. Wir sind bewohnt von der Wirklichkeit des Christus – seine Gestalt durchlichtet uns. Jeden und jeden. Das ist. JETZT.

– Pfarrerin Dr. Thea Vogt, 6. November 2024 in Tutzing auf der Zukunftswerkstatt

Ausbildungsleiterin

Dr. Thea Vogt

Meditationsbeauftragte der ELKB

Portrait von Thea Vogt

In der Stille zieht das unendliche Geheimnis, das tiefste DU, den Menschen an.

martin gutl