Joel 1, 1-20
Katastrophenmeldungen haben immer Konjunktur: Heute sind es Viren, Bomben und Panzer oder Klimakiller aller Art, Gestern, im Alten Israel, waren es Heuschrecken, Feindesnot und Trockenheit.
Von solchen Schlagzeilen ist das Joelbuch voll. Eingeklemmt zwischen Hosea und Amos, den beiden ganz großen Kleinen Propheten, hat das Buch es auch wirklich nicht leicht, Aufmerksamkeit zu erregen – für eine Botschaft, die aufmerken und nachdenken lässt, gerade weil sie, bei Tageslicht betrachtet, die Wirklichkeit nicht schönredet und genauso Raum für Gottes Andersartigkeit lässt.
„Wort des Lebendigen, das an Joel… erging“. Das ist ein Anfang mit voller Autorität, der Gottesname steht an erstmöglicher Stelle im Hebräischen, und ist genau so formuliert wie bei den Propheten Hosea, Micha und Zefania. Völlige Zerstörung und Austrocknung jeglicher Vegetation, führt alle Menschen, auf Talfahrt in eine zutiefst freudlose Welt. Es folgt die achtfache drängende Aufforderung zur umfassenden gemeinsamen Klage; sie mündet in einen ohnmächtigen Schrei um Hilfe.
Bitterste Klage bricht aus einem „wir“ heraus, das uns mit einschließt. „Wehe, was für ein Tag, ja nahe ist der Tag des Lebendigen und wie Gewalt vom Gewaltigen wird er kommen“. Die Frage nach der Deutung und Bedeutung dieses Tages wird das ganze Buch umtreiben.
Dem verzweifelt um Hilfe schreienden „Wir“ tritt ein zugewandtes prophetisches „Ich“ zu Seite: „Zu dir, Lebendiger, rufe ich“, angesichts sengender Hitze, verendender wilder Tiere, ausgetrockneter Bäche.
„Zu dir, Lebendiger, rufe ich“
Zu dir, Lebendiger, rufen wir
stellvertretend für alles Lebende, das bedroht ist.
Sr. Ruth Meili CCR