Höre auf die Weisung

„Höre, mein Sohn auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat!“

RB, Prolog 1

Es ist durchaus programmatisch zu verstehen, dass Benedikt seine Regel mit dem Wort „höre“ beginnt. Denn das Hören ist das eigentlich Wesentliche, worum es im geistlichen Leben im Sinne Benedikts geht. „Höre mein Sohn auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat!“ Dieser erste Satz aus dem Prolog der Regel macht deutlich, was es in der „Schule für den Dienst des Herrn“, wie Benedikt das Kloster bezeichnet, vor allem zu lernen gilt.

Es geht um das HÖREN, um das HÖREN auf den Meister, also auf Christus, und letztlich in allem um den GEHORSAM gegenüber Gott. Das lateinische Verb „ausculto“, das Benedikt hier verwendet, meint nämlich nicht allein ein akustisches Hören, sondern vielmehr ein aufmerksames Lauschen und eben letztlich ein Gehorchen. Daher gebraucht Benedikt hier auch das Bild vom hörenden Herzen. Das Herz steht im biblischen Sinne nicht für den Sitz der Gefühle, sondern für den ganzen Menschen in seinem Denken, Wollen und Verstehen. Mit dem hörenden Herzen meint Benedikt daher die Haltung eines Menschen, dessen ganzes Leben auf Gott hin ausgerichtet ist und der wachsam ist für Gottes Ruf in seinem Leben.

In diesem Sinne ist benediktinisches Leben vor allem eine Hörschule, in der es darum geht, in allen Lebensbezügen präsent und offen zu sein, um  Gottes Stimme zu vernehmen. Denn wo und wie Gott in meinem Leben zu mir spricht, kann ich nicht erahnen. Und noch eines ist wichtig: Hören im Sinne Benedikts ist kein Selbstzweck, sondern setzt im Menschen einen inneren Prozess in Gang, der in ihm arbeitet, ihn innerlich verwandelt und  zum bewussten Handeln führt.

Höre – nimm an – erfülle: Dieser Dreischritt ist die tägliche Übung, in die wir in unserm Leben gestellt sind. Sie fordert uns immer wieder neu heraus, Gott in allen Dingen zu suchen und überall mit ihm zu rechnen.

Sr. Anke Sophia Schmidt CCR